Arbeitszeugnis: verschlüsselte Formulierungen III

Hier präsentieren wir konkrete Arbeitszeugnis-Formulierungen, die sich in der gängigen Fachliteratur als Standardphrasen der Verschlüsselung etabliert haben, obwohl sie unter den Geheimcode fallen. Diese so genannten Klauseln in der Formulierung sind allerdings kein Artefakt von obskuren Autoren oder selbst ernannten Personalexpertinnen, die Buchseiten füllen müssen. Wir finden immer wieder in ganz normalen Arbeitszeugnissen einige dieser Formulierungen wieder.

Diese Arbeitszeugnis-Formulierungen sind also nicht nur von Juristen erdachte theoretische Phrasen, auch wenn sie in reinrassiger Form wahrscheinlich eher selten vorkommen. Dazu wird der Zeugnis-Code in handfesten populären Ratgebern und im Internet zu offen dargestellt. Die altbekannte Phrase „… bemühte sich stets…“ ist ein wahrer Gassenhauer und wird wahrscheinlich gerade deshalb unseres Wissens nicht mehr in Zeugnissen verwendet.

Missverständnisse im Zeugnis vermeiden

Wohl aber finden sich immer wieder aufs Neue Formulierungen, die nicht eindeutig einer guten Note zugewiesen werden können und auch nicht jenseits einer konkreten Note schlichtweg nicht positiv klingen. Allerdings muss man auch hier genauer hinschauen, beispielsweise ob beim Erstellen des Arbeitszeugnisses auf die richtigen Kernkompetenzen geachtet wurde.

Und nicht immer bedeuten Formulierungen im jeweiligen Kontext wirklich etwas Negatives. Bedenklich wird es vor allem dann, wenn sie einzeln erscheinen und nicht näher spezifiziert werden. So kann z.B. ein Arbeitnehmer durchaus mit "Fleiß und Interesse" bei der Sache sein, was sich in "glänzenden Ergebnissen widerspiegelt". Erst wenn der letzte Zusatz fehlt, ist Misstrauen angesagt. Grundsätzlich sollte aus einem Zeugnis immer der Erfolg der angestrebten Initiativen und Tätigkeiten hervorgehen. Das gesamte Credo lässt sich auch auf einzelne Sätze herunterbrechen. Kurz gesagt: Wer etwas angeht, sollte es auch frist- und budgetgerecht zu Ende bringen

Insgesamt gilt es also, immer den Kontext einer Formulierung zu sehen. Vielleicht wollte der Zeugnisaussteller gar keine schlechte Beurteilung aussprechen. Vielleicht war er oder sie ungeschickt und hatte einfach kein Gespür für die Doppeldeutigkeiten der deutschen Zeugnissprache. Es wäre dann schade, wenn dem Zeugnisempfänger Nachteile entstünden, weil ein überkritischer Leser jedes Wort auf die berühmte Goldwaage legt.

Welche Position nimmt der Zeugnisempfänger ein?

Auch muss unterschieden werden, für wen ein Zeugnis ausgestellt wurde, dazu haben wir bereits auf den vorherigen Seiten zum Geheimcode Stellung bezogen. Ein Arbeitszeugnis für eine Geschäftsführerin erfordert in Teilen oder Abschnitten eine andere Ausgestaltung als das Arbeitszeugnis für seine Sekretärin. Was für den Geschäftsführer oder Vorstand eine schlechte Note im Sinne des Zeugniscodes bedeutet, kann für seine Sekretärin gerade ein Lob bedeuten (etwa extrem sorgfältiges Arbeiten). Insofern sind auch unsere folgenden Beispiele für den Zeugniscode immer im richtigen Zusammenhang zu sehen.


Wichtige Formulierungen des Zeugniscodes:


Arbeitszeugnis-Formulierung 1:

Sie hat alle Arbeiten mit großem Fleiß und Interesse erledigt.

= Sie war zwar möglicherweise fleißig und interessiert, aber nicht erfolgreich.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 2:

Er machte sich stets mit großem Eifer an die ihm übertragenen Aufgaben.

= Er war zwar sehr eifrig, aber sein Erfolg ließ zu wünschen übrig.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 3:

Sie hatte / Sie zeigte stets Verständnis für ihre Arbeit.

= Sie leistete keine gute Arbeit und war faul, weil sie zwar den Sinn sah, aber nicht entsprechend handelte.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 4:

Er war stets (nach Kräften) bemüht, die Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit zu erledigen.

= Mühe allein genügt nicht - Erfolge müssen her, und die hat er nicht gebracht.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 5:

Die Aufgaben, die wir ihr übertrugen, hat sie zu unserer Zufriedenheit erledigt.

= Sie erledigte wirklich nur die Aufgaben, die man ihr explizit auferlegte. Ansonsten blieb sie passiv, war also bestenfalls Durchschnitt. Die Erledigung zur Zufriedenheit (ohne "stets" und "vollen") spiegelt zudem allenfalls die Note 3- bis 4.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 6:

Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß.

= Sie war zwar pflichtbewusst, es mangelte ihr jedoch an Initiative.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 7:

Er arbeitete mit größter Genauigkeit.

= Er war ein erbsenzählender, langsamer und unflexibler Pedant.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 8:

Sie verstand es, alle Aufgaben stets mit Erfolg zu delegieren.

= Sie drückte sich vor der Arbeit, wo sie nur konnte. Bei Führungskräften muss diese Wortwahl etwas relativiert werden, jedoch ist sie auch dann nicht deutlich positiv.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 9:

Die angebotenen Leistungen lagen stets im Bereich seiner Fähigkeiten.

= Seine Fähigkeiten waren sehr schlecht, weshalb er dem Unternehmen nichts brachte.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 10:

Sie hat unseren Erwartungen im Wesentlichen entsprochen.

= Ihre Leistungen waren schlichtweg mangelhaft. Das "im Wesentlichen" ist in Zeugnissen übrigens immer eine negative Beurteilung.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 11:

Sie zeigte sich den Belastungen gewachsen.

= Sie war nicht besonders, allenfalls ausreichend belastbar.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 12:

Er war seinen Mitarbeitern jederzeit ein verständnisvoller Vorgesetzter.

= Er war nicht durchsetzungsfähig und besaß keine Autorität. Auch hier gilt: den Kontext der sonstigen Führungsbeurteilung beachten, isoliert ist diese Satz in jedem Fall vernichtend.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 13:

Sie koordinierte die Arbeit ihrer Mitarbeiter und gab klare Anweisungen.

= Sie beschränkte sich auf Anweisen und Delegieren.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 14:

Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich.

= Er hatte Probleme mit seinen Vorgesetzten, weil diese im Satz erst nach den Kollegen erwähnt werden. Es gilt im Zeugnis immer: Erst die Vorgesetzten, dann die Gleichgestellten und das Team sowie erst die internen, dann die externen Kontakte.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 15:

Er hat alle Aufgaben zu seinem und im Interesse der Firma gelöst.

= Er beging Diebstahl und/oder schwere andere schwere Unkorrektheiten. Das eigene Interesse sollte in Zeugnissen nicht explizit dokumentiert werden, selbst wenn man es realistisch jedem Belegschaftsmitglied unterstellen müsste.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 16:

Sie war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen.

= Sie war eine impertinente Wichtigtuerin.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 17:

Im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten zeigte er durchweg eine erfrischende Offenheit.

= Er war immer sehr vorlaut.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 18:

Durch ihre Geselligkeit/ihre gesellige Art trug sie zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.

= Sie neigt zu übertriebenem Alkoholgenuss.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 19:

Für die Belange der Belegschaft bewies er stets (großes) Einfühlungsvermögen.

= Er flirtete heftig und war ständig auf der Suche nach Sexualkontakten.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 20:

Für die Belange der Mitarbeiter hatte sie ein umfassendes Verständnis.

= Sie war homosexuell oder lesbisch. Abgesehen davon, dass die geschlechtliche Orientierung hoffentlich keine Rolle in Gesellschaft und Arbeitsleben spielt, hat ein Hinweis in Zeugnissen zu dieser Thematik ohnehin nichts verloren.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 21:

Seine umfangreiche Bildung machte ihn stets zu einem gesuchten Gesprächspartner.

= Bildung hin oder her – er war geschwätzig und führte lange Privatgespräche im Dienst.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 22:

Sie trat sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Unternehmens engagiert für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ein.

= Sie war im Betriebsrat tätig oder sie hat sich gewerkschaftlich betätigt. Selbst ohne eine faktische Mitgliedschaft vertrat sie Ansichten offensiv gegen die Unternehmensleitung. So berechtigt diese im übrigen sein mögen, im Zeugnis haben diesbezügliche Mitgliedschaften oder Aktivitäten nichts verloren.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 23:

Seine Auffassungen wusste er intensiv zu vertreten.

= Er besaß ein übersteigertes Selbstbewusstsein.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 24:

Sie zeichnete sich insbesondere dadurch aus, dass sie viele Verbesserungsvorschläge zur Arbeitserleichterung machte.

= Die Vorschläge waren aber nicht erfolgreich, denn von einer Umsetzung ist hier nicht die Rede.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 25:

Er setzte sich im Rahmen seiner Fähigkeiten ein.

= Seine Leistungen waren aber dennoch unzureichend, denn seine Fähigkeiten reichten für gute Ergebnisse leider nicht aus. Ebenso kann dieser Passus auf

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 26:

Sie verfügte über Fachwissen und ein gesundes Selbstvertrauen.

= Sie überspielte geringes Fachwissen mit einer großen Klappe.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 27:

Wir bestätigen gerne, dass er mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an seine Aufgaben herangegangen ist.

= Ihm fehlte die fachliche Qualifikation, denn die so genannten Sekundärtugenden werden hier überbetont.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 28:

Vorgesetzten und Mitarbeitern gegenüber war sie durch seine aufrichtige und anständige Gesinnung eine angenehme Mitarbeiterin.

= Ihr mangelte es an Tüchtigkeit. Abgesehen davon hat das Wort "Gesinnung" im Zeugnis nichts zu suchen.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 29:

Er hat an allen ihm gestellten Aufgaben mit großem Fleiß gearbeitet.

= Leider hatte er dabei nie Erfolg. Er hat nämlich alle Arbeiten allenfalls zum Teil bearbeitet, meistenteils nicht aber abgeschlossen.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 30:

Die ihr gemäßen Aufgaben...

= Die anspruchslosen Aufgaben...

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 31:

Im Kollegenkreis galt er als toleranter Mitarbeiter.

= Gegenüber den Vorgesetzten war er dies nicht, mit diesen hatte er große Probleme.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 32:

Wir lernten sie als umgängliche Kollegin kennen.

= Viele sahen sie lieber gehen als kommen.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 33:

Aufgrund seiner anpassungsfähigen und freundlichen Art war er im Betrieb sehr beliebt.

= Er hatte Alkoholprobleme während der Arbeitszeit.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 34:

Neue Aufgaben betrachtete sie als Herausforderung, der sie sich mutig stellte.

= Sie mag mutig gewesen sein, hatte aber keinen Erfolg.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 35:

Er hatte Gelegenheit, sich das notwendige Fachwissen anzueignen.

= Er nutze die Gelegenheit jedoch nicht.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 36:

Bei unseren Kunden war sie schnell beliebt.

= Sie machte schnell Zugeständnisse.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 37:

Bei allen auftretenden Problemen war er stets kompromissbereit.

= Er war besonders nachgiebig.

 

Arbeitszeugnis-Formulierung 38:

Unsere besten Wünsche begleiten sie / Wir wünschen ihr für die Zukunft alles nur erdenklich Gute / Wir wünschen ihr alles Gute, vor allem Gesundheit.

= Die Gegenwart und Vergangenheit waren offenbar nicht von Erfolg bestimmt.

 

Formulierung 39:

Wir wünschen ihm für den weiteren Weg in einem anderen Unternehmen viel Erfolg.

= Möge er dort den Erfolg haben, der ihm hier versagt geblieben ist.

 

Formulierung 40:

Wir wünschen ihm auf seinem künftigen Lebensweg viel Erfolg.

= Er hatte bisher wenig Erfolg oder zumindest nicht so viel Erfolg, dass er hier erwähnt werden müsste.