Arbeitszeugnis bald ohne Noten ? (Folge 1)

Einige Großunternehmen wollen zukünftig ihre Mitarbeiter nicht mehr nach Noten beurteilen. Welche Auswirkung hat das auf die Arbeitszeugnis-Formulierungen? Ist es überhaupt auf dieser Basis überhaupt noch möglich ein, Arbeitszeugnis zu schreiben?

SAP lässt also im August 2016 eine wahre Bombe platzen, wenn auch im Sommerloch. Daher wohl hielt sich der Aufruhr in den Fachmedien in Grenzen. Anders ist es nicht zu erklären, denn SAP schafft ein Paradigma ab: Die Mitarbeiter eines Unternehmens werden in bestimmten Leistungs- und Verhaltenskategorien – genau, ganz ähnlich wie im Arbeitszeugnis – nach Noten beurteilt. An dieser Beurteilung orientiert sich bekanntlich und im Prinzip der ganze weitere Werdegang eines Mitarbeiters und bisweilen auch sein Gehaltsbonus. Schließlich: Das renommierte Handelsblatt berichtete nach unseren Recherchen zuerst über diese Revolution, mithin das wohl wirkmächtigste täglich erscheinende Wirtschaftsmedium.

Ist ein Arbeitszeugnis ohne Noten aussagekräftig?

In Bezug auf den wichtigsten und bisweilen unbeliebtesten Leistungsnachweis im deutschsprachigen Raum, das Arbeitszeugnis also, könnte man jetzt dessen langsames Ende erwarten. Baut nicht das qualifizierte Arbeitszeugnis komplett auf eindeutigen Noten auf? Wie sonst sollte man einen Arbeitnehmer fair und überhaupt beurteilen können?

Die Antwort mag erstaunen: dem Austeller eines Arbeitszeugnisses dürften einzelnen Noten herzlich egal sein, wenn er sein Metier beherrscht. Was zählt, ist der gesamte Eindruck, das holistische Bild des Zeugnisempfängers. Gerade Arbeitszeugnisse für Führungskräfte sind ohnehin vergleichsweise elaboriert gestaltet, wenn sie etwas taugen sollen. Da kommt es auf einzelne Noten hier und da nicht so stark an – im Gegenteil, ein vielleicht rechtssicherer, aber einfallsloser schematischer Beurteilungsteil, mindert eher das Zeugnis.

Klare Gesamtaussage im Zeugnis unverzichtbar

Natürlich wird es komplett ohne Noten nicht gehen. Am Ende muss bei aller individuellen Würdigung eine Gesamtaussage stehen, ob der Zeugnisempfänger (Führungskraft oder nicht) gut oder allenfalls Mittelmaß war. Zugegeben also, ohne eine klare zusammenfassende Note ist ein aussagfähiges Zeugnis nur schwer zu erstellen. Formulierungen zur zusammenfassenden Leistungsbeurteilung gibt es denn auch zu Genüge, wobei „stets zur vollsten Zufriedenheit“ nur die berühmteste, aber keineswegs einzige Formulierung ist. An den neuralgischen Stellen zur zusammenfassenden Leistungs- und Verhaltensbeurteilung führt also kein Weg an einer klaren notenfundierten Einordnung vorbei